D ie Burgergemeinde Biel habe noch 1836 Zoll erhoben und sei erst danach durch ein kantonales Gesetz daran gehindert worden. So war es zu lesen in meiner Kolumne vom 20. Januar 2014. Dazu ist eine Präzisierung notwendig: Das Protokollbuch des Bieler Burgerrats bezeugt, dass die Burgergemeinde auch 1838 noch auf der Ablieferung des Zolls bestand.


1365 hatte Fürstbischof Senn den Burgern der Stadt Biel das Zollrecht verliehen. Biel war Marktort. Wer hier im Schutz der Stadtmauer seine Waren feilbieten wollte, war bereit, dafür eine Abgabe zu bezahlen. Ein Zollhaus ist heute noch zu sehen, nämlich beim einstigen Obertor, als Anbau zum Fürstenspeicher zwischen Obergasse und Juravorstadt. Die Franzosen, die Anfang 1798 Biel besetzten, schafften den Stadtzoll ab. Ende 1813 setzten die Alliierten der französischen Herrschaft ein Ende. Die Bieler Notabeln nahmen die Geschäfte wieder in ihre Hände, erklärten das französische Recht für ungültig und führten das alte Stadtrecht wieder ein. Sie befreiten sich so von den massiven Grundsteuern, die sie vorher als Landbesitzer dem französischen Staat hatten abliefern müssen. Dafür erhoben sie, wie im Ancien Régime, von allen Einwohnern das Ohmgeld (Steuer auf alkoholischen Getränken), von den Händlern und Marktfahrern den Zoll und von den Hintersassen das Hintersassengeld. So füllten sie die zuvor fast leere Stadtkasse rasch wieder auf.


Im November 1815 wurde Biel Teil des Kantons Bern. Die Burger liessen sich in der Vereinigungsurkunde ihre privilegierte Rechtsstellung garantieren. Doch nach der liberalen Revolution von 1830/31 galten Stadtzoll, Ohmgeld und Hintersassengeld als überholt und hinderlich für die wirtschaftliche Entwicklung. 1832 musste die Burgergemeinde die Besorgung der öffentlichen Aufgaben der neu geschaffenen Einwohnergemeinde überlassen. Trotzdem flossen die Zollabgaben weiterhin in ihre Kasse. Sie hatte Zollstationen sowohl in Biel als auch in Bözingen. Der Bözinger Zoll war sogar besonders ergiebig, weil die Strasse aus dem Jura durch das Dorf führte. Ursprünglich lag die Zollstation hinter der Schüssbrücke bei der Einmündung der Rochette ins Dorfzentrum. 1820 wurde die Zollhausstrasse gebaut. Dort, wo diese von der Solothurnstrasse abzweigt, mussten die Fuhrleute anhalten und Zoll entrichten. Das Zollhaus stand gegenüber dem Restaurant «Sternen» (heute Restaurant «Zollhaus»).


Das kantonale «Gesetz über die Privatzollgerechtigkeiten» vom 1. Dezember 1836 sollte dem Zollbezug der Burgergemeinde ein Ende machen. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass im ganzen Kanton Bern ein gleichförmiges staatliches Zoll- und Verbrauchssteuersystem gelten sollte und dass die von Privaten und Korporationen beanspruchten Zollgerechtigkeiten damit nicht vereinbar seien. Die Inhaber solcher Rechte hätten bis zum 1. April 1837 ihre Entschädigungsansprüche anzumelden, hiess es im Gesetz, ansonsten würden ihre Rechte entschädigungslos aufgehoben. Die Bieler Burger stellten ihre Forderungen und wiesen später die angebotene Entschädigung als zu gering zurück. So konnten sie die definitive Aufhebung des Zolls noch ein wenig hinauszögern.


Doch der Widerstand gegen den alten Zopf wuchs. In der Burgerratssitzung vom 6. August 1838 berichtete einer der Bözinger Zöllner, Ferdinand Rüfli, dass «viele Fuhrleute den Zoll nur von einem Theil ihrer Karren» bezahlten. Der Burgerrat nahm die Minderung der Einnahmen nicht hin, sondern beauftrage die Herren Friedrich Keller und E. Walker, das Zollbuch von Bözingen mit denjenigen der Zollämter von Langnau, Nidau und Sonceboz zu vergleichen, um so «dem Ausmass der Unterschlagungen» auf die Spur zu kommen. Jetzt griff der Kanton energisch ein und stoppte den Zollbezug. Die Burgergemeinde aber kämpfte noch mehr als ein Jahrzehnt lang um eine möglichst hohe Entschädigung. 1855 musste sie einen Teil ihres Vermögens der Einwohnergemeinde abtreten.


Info: Tobias Kaestli ist frei schaffender Historiker.
Source:bielertagblatt.ch

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